Komplexität bewältigen - FBPE in der Praxis

13. Mai 2025 durch
Sustainability Impulse, Oliver

Viele Produkte, gewachsene Historie, ein variantenreiches Portfolio - und ganz viele Herausforderungen, die Ordnung im Chaos aufrecht zu erhalten. Das ist der tägliche Spagat der Firma SEBTEC die auf der einen Seite fiktiv- und auf der anderen Seite doch so real ist. 

Denn irgendwie sind wir alle irgendwo SEBTEC, wenn wir uns die Frage stellen, ob das nicht besser geht. Warum wir bei jeder Anpassung des Portfolios, bei jeder Neuentwicklung, bei jedem QA-Issue immer wieder diese Aufwände und Kosten erzeugen, nur um den Status Quo heraus zu finden. Welche Funktion steckt in welchem Produkt, bei welchem Kunden, oder welchen Impact diese oder jene Änderung erzeugen würde.

Stellen wir uns also die Frage: Was würde SEBTEC tun?


SEBTEC - unser Spiegelbild

Seit über 20 Jahren entwickelt SEBTEC erfolgreich technische Produkte und hat dabei bereits acht Produktgenerationen auf den Markt gebracht. Was einst mit überschaubaren Varianten begann, hat sich im Laufe der Jahre zu einem komplexen Produktportfolio aus 15 Produkten in fünf Produktfamilien mit insgesamt 250 Varianten entwickelt. Der technologische Fortschritt, steigende Kundenanforderungen und interne Effizienzansprüche haben diese Entwicklung gefördert – gleichzeitig aber auch zu erheblichen strukturellen Problemen geführt.

Die Herausforderung: Komplexität ohne System

Trotz des technologischen Erfolgs sieht sich SEBTEC heute mit einer Reihe an Herausforderungen konfrontiert:

Hohe Anforderungen, wenig Struktur: 80 % der Anforderungen sind über alle Produkte hinweg gleich, 10 % gelten innerhalb der Produktfamilien, und nur 10 % sind produktspezifisch. Dennoch werden diese Anforderungen nicht zentral verwaltet, sondern dezentral in unterschiedlichen Projekten gepflegt.

Copy & Paste statt Reuse: Anforderungen werden klassisch manuell dupliziert, Dokumente mehrfach erstellt – ein Ansatz, der über die Jahre zu Redundanzen, Inkonsistenzen und schwer nachvollziehbaren Abhängigkeiten geführt hat.

Fehlende Nachvollziehbarkeit: Änderungen an Anforderungen können schwer bis gar nicht in ihrer Auswirkung auf andere Produkte abgeschätzt werden. Impact Analysen sind aufwändig und fehleranfällig.

Komplexitätsfalle bei Änderungen: Selbst kleinere Änderungen – etwa an einer Grundfunktion – ziehen unverhältnismäßig hohe Aufwände nach sich, da nicht klar ist, welche Varianten und Produkte betroffen sind.

Technisch getriebene Anforderungserhebung: Die Rolle des Requirements Engineers wird von Projektleitern übernommen, die stark technisch orientiert sind. Kundenbedürfnisse und betriebswirtschaftliche Sichtweisen kommen dadurch zu kurz.

Kein aktives Variantenmanagement: Die Vielzahl der Produktvarianten wird passiv verwaltet – statt aktiv gesteuert – was zu erhöhten Pflegeaufwänden, Reibungsverlusten und fehlender Übersicht führt.


Die Lösung: Feature-Based Product Engineering (FBPE)

FBPE bietet SEBTEC einen strukturierten, nachhaltigen Ansatz, um die Komplexität im Produkt- und Anforderungsmanagement zu reduzieren. Die zentrale Idee: Produkte werden nicht mehr über einzelne Anforderungen beschrieben, sondern über Features – funktionale Einheiten, die sich konsistent beschreiben, wiederverwenden und variieren lassen.

Was ist ein Feature?

Ein Feature ist eine funktionale Kapselung, die eine bestimmte Fähigkeit oder Eigenschaft eines Produkts beschreibt. Features sind modular aufgebaut, unabhängig voneinander beschrieben und lassen sich als Varianten gestalten (z. B. „Kommunikation via Bluetooth“ vs. „Kommunikation via WLAN“).

Produkte tracen nicht auf Requirements, sondern auf Features. Die Requirements, Use Cases und Tests gehören dann als Dokumentation zu einem Feature – nicht zu einem Produkt. Das ermöglicht Wiederverwendbarkeit und klare Strukturierung.

Wie FBPE die Herausforderungen von SEBTEC konkret adressiert


Modularität statt Redundanz

Durch die Strukturierung des Portfolios in Features wird eine klare Trennung zwischen generischen, familienspezifischen und produktspezifischen Eigenschaften geschaffen. Redundante Anforderungen werden eliminiert, zentrale Anforderungen einmalig definiert und referenziert.

Wiederverwendung statt Neudokumentation

Einmal definierte Features können in verschiedenen Produkten wiederverwendet werden – samt aller zugehörigen Anforderungen, Testfälle und Use Cases. Das spart Aufwand, erhöht die Konsistenz und verbessert die Qualität.

Strukturierte Variantenbildung

Statt passiv entstandener Varianten (ungeplant, historisch gewachsen) erlaubt FBPE eine gezielte Variantenstrategie. Features lassen sich in verschiedenen Ausprägungen definieren (z. B. Light / Full / Custom), die bewusst in Produkten eingesetzt werden.

Verbesserte Traceability und Impact Analyse

Da Produkte auf Features referenzieren, lässt sich bei Änderungen eines Features sofort erkennen, welche Produkte betroffen sind. Das reduziert den Analyseaufwand bei Änderungen drastisch und erhöht die Entscheidungsgeschwindigkeit.

Trennung von Problem Space, Solution Space und Technologie

FBPE hilft, Abstraktionsebenen sauber zu halten. Die ursprüngliche Kundenanforderung (Problem Space) bleibt getrennt von der funktionalen Lösung (Solution Space) und der technischen Umsetzung (Technologie). Dadurch wird die Architektur klarer, Änderungen bleiben lokal begrenzt.

Rollenklärung und Fokussierung

FBPE entlastet technische Projektleiter, da die Anforderungsbeschreibung auf eine neue, fokussierte Rolle des Feature Owners bzw. Feature Architects übergeht. Diese vermitteln zwischen Stakeholdern, Technik und Business – eine zentrale Voraussetzung für nachhaltige Produktentwicklung.


Der Schlüssel zum Erfolg: Modularisierung der Produktarchitektur

Die Modularisierung durch Features ist nicht nur methodisch ein Gewinn, sondern auch wirtschaftlich. Durch gezielte Wiederverwendung sinken Entwicklungs-, Test- und Wartungskosten. Gleichzeitig steigt die Agilität: Neue Produktvarianten lassen sich schneller konfigurieren, neue Anforderungen schneller integrieren – ohne das System aus dem Gleichgewicht zu bringen.


Der nächste Schritt: SEBTEC auf dem Weg zur Transformation

SEBTEC hat den Startschuss gegeben. Im Rahmen eines umfassenden Portfolio-Redesigns wird die bestehende Architektur konsolidiert und auf eine Feature-Basis überführt. Ziel ist es, die Variantenvielfalt zu steuern, Synergien zu heben und die Entwicklungslandschaft nachhaltig zu modernisieren.

Feature-Based Product Engineering ist dabei nicht nur eine Methode – sondern ein strategischer Hebel für nachhaltige Produktentwicklung.+


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Mit maßgeschneiderten Trainings, Coaching-Angeboten und aktiver Einführung von FBPE-Strukturen begleiten wir Unternehmen wie SEBTEC bei der Neuausrichtung ihrer Produktentwicklungsprozesse.

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